Passivhaus Am Buir – kleinstes Passivhaus

Sanierung eines der kleinsten Gebäude weltweit zum Passivhausstandard.

Das Wohnhaus Am Buir ist eines der kleinsten freistehenden Passivhaushäuser in der Welt.

Ein Haus mit einer Wohnfläche von nur 83 m², bei dem dazu der rückwärtige Giebel ein Teil der historischen Stadtmauer ist und aus Gründen des Ensembleschutzes ein nicht unerheblicher Teil des Vorgängerbaus erhalten bleiben musste. Das Volumen und die Baukörperform sollte in Abstimmung mit der Denkmalpflege exakt dem Vorgängerbau entsprechen. Je kleiner ein Gebäude ist, desto schwererlässt sich der Passivhausstandard erreichen. Beim Haus „Am Buir“ wurde dies mit einer Reihe von Maßnahmen erreicht, angefangen bei den zur Sonnenseite orientierten Fenstern mit sehr guten U- und g-Werten bis hin zu einem Lüftungssystem mit einer hohen Wärmerückgewinnung.

Projektbeschreibung

Wassenberg ist eine Kleinstadt mit historischem Stadtkern nahe der niederländischen Grenze. Auf einem kleinen Grundstuck, gelegen an der historischen Stadtmauer, errichteten die Architekten das kleinste frei stehende Passivhaus – das Haus am Buir. Die Herausforderungen, welche das Grundstück und seine Lage an die Architekten stellten, gehen über die bloße gestalterische Darstellung der Anforderungen an die Funktion, Konstruktion, Ökonomie und Ökologie hinaus. Der auf dem Grundstuck befindliche Vorgangerbau stellte einen nicht unerheblichen Teil der historischen Stadtmauer dar und musste aus Gründen des Ensembleschutzes in diesen Teilen erhalten bleiben. Der Neubau sollte außerdem hinsichtlich Volumen und Baukörperform dem Vorgängerbau entsprechen.
Entstanden ist ein Einfamilienhaus auf zwei Ebenen. Es ist nicht unterkellert. Die Grundrisse sind offen gestaltet und dadurch flexibel nutzbar. Der Zugang erfolgt im Erdgeschoss auf der Nordseite des Hauses. Über den kleinen Windfang gelangt man in den Aufenthaltsbereich im Erdgeschoss mit Bad, Küche, Ess- und Wohnraum. In Richtung Westen ist eine kleine Terrasse vorgelagert. Der Wohnraum öffnet sich nach Westen und Süden mit großen Fenstern der Sonne. Durch die Anordnung des Windfangs sind Erd- und Obergeschoss voneinander abgeschlossen. Die gerade Treppe führt vom Windfang aus in das offen gestaltete Dachgeschoss, wo sich der Schlafbereich befindet. Ebenfalls im Dachgeschoss angeordnet ist der Technikraum, welcher sich auf der Nordostseite des Grundrisses befindet. Eine Dachterrasse nach Südosten erweitert den Raum. Große Fenster nach Süden und Westen sorgen auch hier für großzügige Ausblicke.

Konstruktion

Das Gebäude wurde mit konventionellen Baustoffen errichtet. Dabei blieben Teile der alten Wände des Vorgangerbaus erhalten. Neue Wandbauteile bestehen aus Porenbeton. Im Bereich der historischen Stadtmauer wurde mit einer Innendämmung gearbeitet. Die neuen Geschossdecken wurden als Holzbalkendecken ausgebildet. Im Wohnbereich sind die Deckenbalken sichtbar belassen. Die Bodenplatte besteht aus Stahlbeton. Die Dachkonstruktion ist ein Pfettendachstuhl mit Sparren und Kontersparren. Die Außenhaut bildet ein Wärmedämmverbundsystem mit einer Wärmeleitfähigkeitsgruppe von 022. Die historische Stadtmauer im Bereich von Küche und Bad im Erdgeschoss und Technikraum im Dachgeschoss bleibt durch den Einsatz der Dämmung auf der Rauminnenseite nach außen hin sichtbar.
Der Anbau auf der Sudostseite des Hauses, in dem sich ein Teil der Küche befindet, ist von außen mit einer Lärchenholzschalung versehen, die sich in der Brüstung der Dachterrasse fortsetzt.

Bauphysikalische Situation

Das Verhältnis der Gebäudehüllflache zum Volumen beeinflusst entscheidend den Heizwärmebedarf eines Gebäudes. Insbesondere bei kleinen, frei stehenden Häusern wird das A/V-Verhältnis großer. Damit wachst auch der Transmissionswärmeverlust. Im Umkehrschluss bedeutet dies, je kleiner ein Gebäude ist, desto schwieriger lässt sich der Passivhausstandard umsetzen.
Bei diesem kleinen Wohnhaus wurde eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um das Ziel zu erreichen, angefangen bei den zur Sonnenseite hin orientierten Fenstern bis hin zu einem Lüftungssystem mit hoher Wärmerückgewinnung.
Ein wesentlicher Beitrag konnte durch die Auswahl der zum Einsatz kommenden Fassadendämmung geleistet werden. Hier kam ein Wärmedämmverbundsystem auf der Basis von Resol-Hartschaum mit einem Wärmedurchlasskoeffizienten λ = 0,022 W/ (mK) (WLG 022) zur Anwendung. Damit konnte die Dammschichtstarke auf 24 cm reduziert werden. Mit einem herkömmlichen WDVS der WLG 040 wäre eine Dammstarke von ca. 43 cm erforderlich gewesen, um vergleichbare Eigenschaften zu erzielen.
Der Dammstoff wurde in zwei Schichten von je 120 mm aufgebracht. Damit wurden durchgängige Fugen und somit auch unnötige Wärmebrücken vermieden. Die erste Lage wurde geklebt und gedübelt. Um sicherzustellen, dass nach dem Andrucken mindestens 60 % der Flache mit dem Untergrund verbunden sind, wurden die Ränder der Platten rahmen förmig mit drei senkrechten Streifen Klebemörtel beschichtet. Die zweite Schicht  Dämmplatten wurde stoßversetzt vollflächig auf der ersten Schicht verklebt. Mit der Reduzierung der Dämmung auf 24 cm wurde ein schlankes Erscheinungsbild der Fassade erreicht.
Dort, wo die Gebäudeaußenwand durch die historische Stadtmauer gebildet wird, wurde auf der Innenseite eine Vorsatzschale aus Holzständern mit einer Bekleidung aus OSB- und Gipskartonplatten aufgebaut. Der Hohlraum zwischen historischer Mauer und Bekleidung ist mit Dämmung gefüllt. Die Unebenheiten der historischen Wand wurden mit einer Perlite-Schüttung der Wärmeleitfähigkeitsgruppe 035 ausgeglichen. Die thermische Qualität des Hauses entspricht dem Standard eines Passivhauses. Ein entsprechender Nachweis wurde nach PHPP 2007 (Passivhausprojektierungspaket  nach W. Feist) geführt.
Nach Fertigstellung der Bauarbeiten wurde zur Prüfung der bauphysikalischen Eigenschaften des Hauses ein Blower-Door-Test durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Messung weisen eine Luftdichtigkeit von 0,30 h–1 nach, was für die hervorragend ausgebildete luftdichte Gebäudehülle spricht.

Maßnahmen der Gebäudetechnik

Neben der Lüftungsanlage mit einem Wärmetauscher sorgt ein Holzpelletofen für die Bereitstellung der notwendigen Raumtemperaturen. Er hat eine Nennwärmeleistung von 8 kW. Es handelt sich hierbei um ein Einbaugerät. Es ist zwischen Bad und Küche in einer Nische platziert. Die Pelletbeschickung des Ofens erfolgt per Hand. Die Ansaugung der Zuluft erfolgt über ein Gitter zum Wohnraum. Das Rauchgas gelangt über einen über Dach geführten Edelstahlschornstein nach außen. Für die Gebäudelüftung wurde ein  Wärmerückgewinnungsgerät mit hohem Wärmerückgewinnungsgrad von ca. 92 % eingesetzt. Das Gerät erreicht seine hohe Effektivität durch einen Gegenstrom-Kanalwärmetauscher mit einer Wärmeübertragungsfläche von 60 m2, d.h., die Fläche ist ca. fünf- bis achtmal größer als bei marktüblichen Geräten mit Kreuzstromplatten. Das ausgewählte Gerät verfügt außerdem über einen automatischen Sommerbypass, der verhindert, dass sich bei warmen Temperaturen im Sommer die Zuluft noch weiter erwärmt.

Architekt: RONGEN ARCHITEKTEN GmbH, Wassenberg
Bruttogrundfläche: 68 m²
Hauptnutzfläche: 84 m²
Energiestandard: Passivhaus  (14 kWh/m²a)